Betroffene Gesichter und ernste Minen sah man bei der Veranstaltungsreihe Fraktion im Kiez der SPD-Fraktion Treptow Köpenick, die diesmal das Thema „Kinderschutz – sexuelle Gewalt verhindern“ mit Fachleuten und Interessierten diskutierte. Die evangelisch-freikirchliche Gemeinde in Oberschöneweide unter der Leitung von Pastor Guderian war dankenswerterweise Gastgeber für die Veranstaltung.
Der zuständige Bezirksstadtrat für Jugend und Schule, Dirk Retzlaff, beschrieb anhand von Statistiken die gegenwärtige Lage in Treptow-Köpenick. In den letzten Jahren hat sich die Atmosphäre in der Gesellschaft „vom Wegsehen zum Hinsehen“ geändert, so Retzlaff. Die Meldungen zur Verletzung des Kinderschutzes stiegen von 2009 bis 2010 rasant an. Kerngebiete liegen in Ober- und Niederschöneweide. Der Stadtrat unterstrich die Wichtigkeit der Prävention beim Thema Kinderschutz. Konkret helfen Kindern und Teenagern Verhaltenstrainings bei Einschätzung und Bewältigung von Gefahren. Mit 27 Millionen Euro ist das Kinderhilfebudget Treptow-Köpenicks fast siebenmal so hoch wie die Jugend- und Kinderförderung mit 4 Millionen Euro pro Jahr. Als „völlig unverständlich“ bezeichnete Retzlaff, dass Ober- und Niederschöneweide nicht mehr Problemkieze im neuen Sozialatlas Berlins sind. Außerdem wies der Stadtrat auf das Recht der Eltern und Erziehungsberechtigten hin, das polizeiliche Führungszeugnis der Betreuer der Kinder einzusehen.
Der Kinderschutzbeauftragte des Vereins Offensiv ’91 e.V., Stephan Bünger referierte über sexuelle Gewalt an Kindern. Macht und Abhängigkeitsverhältnisse konstruieren die Täter, um über ihre Opfer zu bestimmen. Täter sind meist Männer und hatten zu 70-80 % selbst sexuelle Gewalt erfahren. Als Verhaltenssymtome der Opfer verwies Bünger u.a. auf Selbstverletzungen, Angststörungen und Drogenmissbrauch. „Wichtig ist, den Kindern das Bestimmungsrecht über den eigenen Körper zu verdeutlichen“, unterstrich Bünger. Mit anatomisch korrekten Puppen und Rollenspielen können Kinder aufgeklärt und gewarnt werden.